Ein Rückblick und ein Ausblick zum Jahreswechsel
Das erste Jahr mit "Teil der Natur" geht zu Ende - ein thematisches Inhaltsverzeichnis über die bisherigen Texte und meine Intention für die zukünftigen.

Es ist noch nicht ganz ein Jahr her, seit ich im Februar 2023 diesen Substack “Teil der Natur“ gestartet habe. Ich schreibe hier darüber, wie ich glaube, dass wir Menschen als Teil der Natur mit allem verbunden sind - mit allen anderen Menschen, mit den Tieren, mit den Pflanzen, mit den Land, mit den Möglichkeiten, mit der Erde. Und in diesem Zusammenhang kritisiere ich, wie viele Aspekte unserer Gesellschaft statt dieser Verbundenheit eine Trennung fördern - Trennung von den anderen Menschen, von der Natur, von Teilen unserer selbst. Wie sieht nun mein Fazit zum ersten Kalenderjahr mit dem Blog “Teil der Natur” aus?
Fazit: Ein erster Zwischenschritt ist erreicht
In den letzten Tagen habe ich alle meine Texte nochmal in chronologischer Reihenfolge gelesen. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich mich mehrere Male mit meinen Anliegen wiederholt habe und immer wieder in späteren Texten frühere Gedanken wieder aufgenommen und weiterentwickelt habe. Ohne dass ich das beabsichtigt hatte, wurden meine Texte im Jahresverlauf immer länger, inhaltlich umfangreicher, zum Schreiben aufwändiger. Während ich bei meinen ersten Texten im Frühjahr 2023 oftmals lediglich einen einzelnen Gedanken geteilt habe, haben sich die Themen, die mich beschäftigen, im Laufe des Jahres immer mehr miteinander verwoben. Mein Schreiben ist dabei aber primär mein Schreiben geblieben: Ich teile meine Gedanken zwar gerne öffentlich, schreibe aber immer noch in erster Linie für mich selbst. Indem ich meine Gedanken ausformuliere, entwickeln sie sich weiter. Indem ich an einem Text arbeite, recherchiere ich weiter, denke ich weiter, lerne ich weiter.
So bleibt bei mir zum Jahresende der Eindruck, dass in meinem letzten Text vor Weihnachten, “Die Verkündung einer alten Religion”, sehr vieles zusammengekommen ist, was mir in Anbetracht der Herausforderungen unserer Zeit aktuell am Herzen liegt. Es ist nicht so, dass mein Blog damit fertig wäre, aber ich spüre, dass damit ein erster Zwischenschritt erreicht ist. Anfang Jahr habe ich nicht geahnt, dass ich mit so einem Text das Jahr beschliessen werde, ja ich hätte nicht einmal gedacht, dass ich so einen Text überhaupt schreiben könnte. Mein Schreiben war für mich ein schöner Lernprozess. Ich habe gelernt, darauf zu vertrauen, dass sich “meine Themen” automatisch weiterentwickeln - und ich dabei nicht im Voraus wissen kann, in welche Richtung es weitergehen wird. Ich habe gelernt, darauf zu vertrauen, dass ich intuitiv wissen werde, wann ein nächster Text fällig sein wird und zu welchem Thema. Anfang Jahr hatte ich mir zwar noch eine Liste erstellt mit Ideen, über was ich schreiben könnte, aber einen Grossteil dieser Themen habe ich schlussendlich gar nicht bearbeitet. In diesem Sinne ist mein Blog ein emergenter Prozess und wieder einmal sehe ich mein Lieblingszitat von Albert Einstein bestätigt: “Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum.”
Rückblick: Ein thematisches Inhaltsverzeichnis
Quasi als Jahresabschluss hat es mich interessiert zu analysieren, über welche Themen ich in diesem Jahr wiederholt geschrieben habe. Zu jedem Text habe ich mir daher ein paar Stichworte notiert und daraus übergeordnete Kategorien gebildet. Entstanden ist eine Übersicht der aus meiner Sicht wichtigsten Themen, über die ich im 2023 geschrieben habe. Eine Art thematisches Inhaltsverzeichnis, welches bis auf zwei Ausnahmen alle meine Texte einschliesst (im Archiv sind nach wie vor sämtliche Texte verfügbar).
Viele meiner Leser sind erst im Verlaufe des Jahres als Abonnenten (auf Substack: Subscriber) zugestiegen, einige haben vielleicht nur vereinzelte Texte in ihrem Social-Media-Feed gesehen und anderen habe ich einmal einen Link auf einen Text direkt zugestellt. Und wiederum andere sind vielleicht unterwegs auch wieder ausgestiegen. Womöglich findet ihr in der folgenden Übersicht Anregung, wieder einzusteigen, einen älteren Text nachzulesen oder ein Thema nochmal anzuschauen. Ich ordne die Liste und die Kategorien chronologisch entlang der Publikationsdaten und entsprechend geben die Kategorien auch einen Einblick, wie sich mein Schreiben im Verlaufe des Jahres thematisch entwickelt hat:
Technologiekritik
Brauche ich ein 3D-Bild meines werdenden Kindes? (21.2.2023)
Welche Technologie ist wirklich klimafreundlich? (5.7.2023)
Wir sind keine Götter (27.11.2023)
Die Verkündung einer alten Religion (20.12.2023)
Lebensfluss / Prozess des Werdens
Was ist der Sinn des Lebens (23.2.2023)
Was wäre eigentlich für uns Menschen artgerechte Tierhaltung? (17.3.2023)
Geld gibt es gar nicht, es gibt nur unsere Vorstellung davon (24.5.2023)
Die Verkündung einer alten Religion (20.12.2023)
Naturverbundenheit
Was meine Auftragslage mit Waldspaziergängen zu tun hat (7.4.2023)
Die Natur imitieren lohnt sich mehr als die Natur dominieren (19.8.2023)
Der Wolf - der schlechteste Freund des Menschen? (11.11.2023)
Die Verkündung einer alten Religion (20.12.2023)
Empathie / Zusammenleben
Kann die Natur böse sein? (21.4.2023)
Wie steht es um die Toleranz in unserer Gesellschaft? (24.7.2023)
Welche unsichtbare Brille trägst du? (6.8.2023)
Die Grenze der Empathie (7.10.2023)
Der Wolf - der schlechteste Freund des Menschen? (11.11.2023)
Wissenschaftskritik
Intuition vs. Wissenschaft (16.5.2023)
Wie steht es um die Toleranz in unserer Gesellschaft? (24.7.2023)
Die Verkündung einer alten Religion (20.12.2023)
Künstliche Intelligenz
Intuition vs. Wissenschaft (16.5.2023)
Wir sind keine Götter (27.11.2023)
Nachhaltigkeit / Verzicht
Welche Technologie ist wirklich klimafreundlich? (5.7.2023)
Die Natur imitieren lohnt sich mehr als die Natur dominieren (19.8.2023)
Sollten wir wieder mehr leben wie zu Grossmutters Zeiten? (7.9.2023)
Weshalb "Nachhaltigkeit" nicht reicht (31.10.2023)
Selbstüberschätzung / Spirituelle Krise
Die Grenze der Empathie (7.10.2023)
Wir sind keine Götter (27.11.2023)
Die Verkündung einer alten Religion (20.12.2023)
Was mir beim nochmaligen Durchlesen und Zusammenstellen dieser Übersicht auch bewusst geworden ist: Ich habe in diesen Texten viel analysiert, viel kritisiert - und noch nicht so viel Konkretes vorgeschlagen. Das möchte ich im 2024 ändern. Ich glaube, dass ist dieser Zwischenschritt, den ich weiter oben erwähnt habe. Vieles ist gesagt, das Fundament ist gelegt. Wie könnte es für mich mit diesem Blog folglich im neuen Jahr weitergehen?
Ausblick: Mehr Vorschläge, mehr Lösungsansätze
In der Woche vor Weihnachten habe ich das Buch “Rewilding - Auf der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur” von Simone Böcker gelesen. Dies ist das erste Buch, welches die vor allem im englischsprachigen Raum geführte Rewilding-Debatte im deutschsprachigen Raum vorstellt. Die Rewilding-Bewegung hat sich aus Grossbritannien ausgebreitet und es gibt inzwischen in ganz Europa spannende Beispiele, in denen grössere Gebiete wieder verwildert wurden - und als direkte Folge deren Artenvielfalt massiv angestiegen ist. Ich habe auch bereits mehrfach darüber geschrieben, dass wir Menschen uns wieder ein wenig zurücknehmen sollten, die Natur machen lassen, die Natur sich selbst regenerieren lassen. Simone Böcker schreibt in ihrem Buch über vieles, das mir auch am Herzen liegt. Im Schlusskapitel geht sie zum Beispiel auf Indigenes Wissen ein, welches ich ebenfalls bereits beschrieben habe (z.B. die “Ehrenvolle Ernte”). Diese Synchronizität hat mich sehr berührt. Und Synchronizität gab es mit diesem Buch übrigens auch noch in eine andere Richtung: Als ich Mitte Dezember meiner Frau erfreut davon berichtet habe, dass ich per Zufall dieses tolle Buch im Buchladen entdeckt habe, meinte sie ein wenig genervt, dass ich in der Vorweihnachtszeit keine Bücher mehr kaufen dürfe - sie hatte mir dieses Buch nämlich bereits als Weihnachtsgeschenk gekauft!
Simone Böcker schliesst ihr Buch mit einer positiven, optimistischen Note und mir gefällt, wie sie dabei nicht im Grossen ansetzt, sondern bei der Veränderung, die bei jedem Einzelnen von uns beginnen kann:
“Je mehr jede und jeder Einzelne die althergebrachte Vorstellung von der Dominanz des Menschen hinter sich lässt und zu einer neuen Beziehung der Empathie, der Dankbarkeit und Gegenseitigkeit kommt, umso schneller werden wir als Gesellschaft in der Lage sein, neue Wege zu gehen.“
Aus “Rewilding” von Simone Böcker
Empathie, Dankbarkeit, Gegenseitigkeit. Ich habe das Gefühl, dies könnte vielleicht ein möglicher Weg für mich und meinen Blog sein, den ich im Jahr 2024 weiterführen könnte. Wäre es für mich eine Möglichkeit, bewusst mehr über Lösungsvorschläge zu schreiben, die primär auf die Empathie, Dankbarkeit und Gegenseitigkeit abzielen? Denn was mir beim Lesen von „Rewilding“ auch klar wurde: Ich werde nicht plötzlich ein Wildnisexperte werden. Aber ich bin mit meiner Ausbildung und meiner Erfahrung als Organisationspsychologe bereits heute Experte dafür, wie Formen und Prozesse gestaltet werden können, in denen Menschen in Verbindung kommen, in denen Menschen Verbundenheit erleben können. Ich habe mir schon einige Gedanken darüber gemacht, wie unsere Naturverbundenheit gestärkt werden könnte, wie sich Menschen mehr als Teil der Natur erleben können. Vielleicht wäre es ja auch eine mögliche Strategie, in einem ersten Schritt zuerst die Empathiefähigkeit gegenüber anderen Menschen zu stärken, um die Empathie dann in einem zweiten Schritt auf alle anderen Spezies, auf alles Lebendige auszuweiten?
Mit ein paar Erfahrungen zu Formen und Prozessen, welche die Verbundenheit betonen und damit Empathie fördern können, könnte ich eigentlich direkt loslegen. Zum Beispiel könnte ich darüber berichten, wie ich seit mehreren Jahren an der Hochschule den Studierenden in meinem Modul bereits am ersten Unterrichtstag gratuliere, dass sie bereits bestanden haben - und welchen Einfluss dies dann auf ihren Lernprozess hat. Oder ich könnte davon erzählen, wie ich in einem Grossteil meiner Projekte meine Arbeitszeit verschenke, um dann später gemeinsam mit den Auftraggebern zu reflektieren, wie viel Wert meine Zeit für sie entwickelt hat - und was sie mir entsprechend zurück schenken möchten. Oder ich könnte meine Erfahrung mit soziokratischen Mustern teilen, zum Beispiel wie mit Rederunden in einer Konsentmoderation eine Lösung entstehen kann, die von allen getragen wird - und wie auf dem Weg dahin Einwände integriert werden können.
Dies sind erste Themen, die ich auf meinem Backlog für 2024 habe, über die ich im neuen Jahr schreiben könnte. Mehr konkrete Vorschläge, mehr Lösungsansätze. Gleichzeitig werde ich aber auch das Analysieren und das Kritisieren weiterhin verfolgen und versuchen, mich selbst hier ebenfalls einzuschliessen. Also auch mich und mein Denken weiterhin zu analysieren und hoffentlich auch selbst kritisieren zu können. Mit anderen Worten: Weiter zu lernen.
An dieser Stelle möchte ich gerne noch einen Wunsch für 2024 anbringen: Ich wünsche mir, dass meine Texte auf diesem Blog mehr kritisiert werden. Ich habe mich sehr gefreut über alle Kommentare und Emails, die mich im vergangenen Jahr erreicht haben. Meist waren darin Worte des Dankes, des Zuspruchs oder aber auch Anregungen zu weiteren Themen enthalten. Aber nie hat mir jemand geschrieben und gesagt, dass er oder sie etwas ganz anders sieht. Doch was in meiner Mail-Signatur steht, meine ich sehr wohl ernst:
“Wenn dir meine Texte gefallen, dann freue ich mich, wenn du mir schreibst und deine Gedanken mit mir teilst. Und wenn dir meine Texte nicht gefallen, dann freue ich mich noch mehr, wenn du mir schreibst. Mich interessiert, welche Resonanz meine Gedanken auslösen und was ich daraus lernen kann.”
In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen kritischen Geist, einen wunderbaren Jahreswechsel und einen erfolgreichen Start in ein erfülltes 2024! Ich fühle mich sehr glücklich, dass bereits so viele Personen meinen Blog abonniert haben und freue mich, wenn ihr meinen Texten auch im 2024 eure Zeit und eure Aufmerksamkeit schenken mögt.
Zum Jahreswechsel: Ein Geschenk und ein Vorschlag
Da ich wie erwähnt das Buch “Rewilding” auch noch als Weihnachtsgeschenk erhalten habe, schenke ich eines meiner beiden Exemplare gerne weiter. Wer sich über dieses Geschenk freuen würde, kann mir gerne schreiben.
Und wer noch auf der Suche nach einem passenden Vorsatz für das neue Jahr ist, Raffael Schuppisser hat in der Luzerner Zeitung vom 23. Dezember 2023 einen schönen Vorschlag formuliert:
Einfühlungsvermögen und Empathie üben, in dem man mehr Romane liest, da sie einem erlauben, in die Lebens- und Gefühlswelt anderer einzutauchen, statt sich endlos durch die kurzen (Hass-)Posts in den zahlreichen sozialen Netzwerken zu scrollen.
Das nehme ich mir auch vor und lege meine Sachbücher über den Jahreswechsel zur Seite. In dem Sinne: Viel Spass beim Lesen, viel Spass beim Empathie üben.