11 Kommentare
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Avatar von Manuel Lehmann

Genau um dieses Paradox geht es. Mich interessiert, wie sehr wir Natur gestalten können und in Zivilisationsräumen Naturerfahrung ermöglichen können.

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Avatar von Manuel Lehmann

Ich möchte überhaupt nicht den Wert der Erfahrung für Dich in Frage stellen. Was bei mir Widerstand auslöst, ist die Annahme, dass andere auch solche Erfahrungen machen müssten, damit es uns gelingt, eine Wende hinzubekommen. Und vielleicht sagst Du dies nicht. Es schwingt für mich aber mit.

1. Dies will andere animieren oder ihnen etwas aufdrängen - machen wir Umweltbewussten dauernd. Löst meistens vor allem Widerstand aus.

2. Macht mir die Annahme Angst, da es nicht realistisch ist, dass jetzt alle aufmachen für solche Erfahrungen. Also scheitern wir.

3. Bin ich mir nicht sicher, ob es stimmt. Vielleicht sind andere Menschen ganz anders und ganz andere Dinge animieren sie zu Verhaltensänderungen.

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Avatar von Daniel Sigrist

Das kann ich gut nachvollziehen, wenn das bei dir Widerstand auslöst. Ich mag es auch nicht, wenn jemand mir etwas aufdrängen will. Und ich verstehe auch, dass der Text so gelesen werden kann, als müssten andere auch solche Erfahrungen machen. Eigentlich versuche ich ja, nicht ideologisch zu schreiben, bin mir aber bewusst, dass mir das nicht immer gelingt. Primär will ich aber nicht zu Verhaltensänderung anregen, sondern zu mehr Naturverbundenheit - und die Verhaltensänderung kommt dann vielleicht als Folge davon. Natürlich ist es nicht realistisch, dass alle so unterwegs sind, wie ich jetzt in dieser Schlucht an jenem Nachmittag. Gleichzeitig glaube ich, dass Naturverbundenheit nicht rein kognitiv gestärkt werden kann, sondern dass es dazu eine Erfahrung braucht, in der man von der Natur und der Verbundenheit berührt wird. Wenn ihr das in eurer WunderWelt schafft, dann ist das wunderbar. Grundsätzlich geht es aus meiner Sicht darum, die Lebendigkeit und Verbundenheit zu spüren. Und das kann ich auch mit anderen Menschen, welche ja auch Natur sind. Aber eben, da kommt es aus meiner Sicht dann stark auf die Methode an. Ich glaube, rein rational zu verstehen, dass wir etwas ändern müssen in unserem Verhalten, wird nicht genügen. Daher sehe ich unsere aktuelle Situation, gerade in Umweltthemen, primär als spirituelle Krise. Und folglich spreche ich von (spiritueller) Erfahrung. Mich freut es auf jeden Fall, dass du meinen Text so aufmerksam gelesen hast und danke dir, dass du deine Perspektive mit mir teilst.

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Avatar von Manuel Lehmann

Für mehr Verbindung zur Natur braucht es aber in meinem Empfinden angeleitete Erfahrungsgruppen, Ausstellungen, etc.. Ein bewusstes sich darauf einlassen. Und nicht zwingend der den wilden Wald. Finde es problematisch, wenn noch mehr Menschen in den Ressorts der Wildtiere unterwegs sind. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass diese Erfahrungen in gar nicht mal so wilder Natur geschehen: Seminarhäuser, Parks, Naturmuseen, Gärten, etc. Bin mit einem Projekt unterwegs, in dem wir eine Naturerfahrung in geschlossenen Räumen ermöglichen wollen: https://zukunftslab-egnach.ch/.

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Avatar von Dominic

Wenn man sich verantwortungsbewusst und verbunden in der Natur bewegt, dann ist das den Wildtieren vollkommen egal. Man sollte sich einfach ruhig verhalten und die Tiere - vor allem ab der Dämmerung und im Winter - nicht verfolgen und unnötig stören. Tiere wissen gut genug, wie sie einen Bogen um Menschen machen können.

Werde mir das Zulunftslab gerne mal anschauen, aber Naturerfahrung in geschlossenen Räumen hört sich zuerst einmal sehr paradox an …

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Avatar von Daniel Sigrist

Das stimmt, es braucht nicht zwingend den wilden Wald - aber es braucht meiner Meinung nach echte Natur. Das kann auch ein alter Baum im Park sein, zu dem ich eine Beziehung aufbaue. Oder dass ich in einem Fluss bade oder Wildkräuter sammle und und und. Ich habe ja bewusst am Ende meines Textes die Frage gestellt: "Wie versuchst du, deine Beziehung zur Natur zu pflegen?" Eure 20 Themen klingen spannend und auch die "WunderWelt" klingt interessant. Ihr werdet damit hoffentlich viele Menschen zum Nachdenken anregen. Die Ausstellung "Natur. Und wir?" im Stapferhaus hat mich zum Beispiel auch sehr angeregt, über mein Verhältnis zur Natur nachzudenken. Das ist aber nicht das, was ich hier meine: Über etwas nachdenken oder eine Erfahrung machen, ist für mich ein wichtiger Unterschied. Für mich war das bewusste Begehen des wilden Bachbetts eine Art spirituelle Erfahrung. Ich muss vielleicht auch noch anmerken, dass ich diese Wanderung im Rahmen einer persönlichen Retraite unternommen habe. Ich war also bewusst auf der Suche nach einem tieferen Naturerlebnis. Das brauche ich ja auch nicht jede Woche, aber ich merke, dass mir etwas fehlt, wenn ich nicht ab und zu diese Verbindung zur Natur spüren kann. Ich finde die Frage in eurem Zukunftslab interessant, ob es "wilde Natur" überhaupt noch gibt oder ob sich "Zivilisation vs. Natur" nicht als Konstrukt auflösen lässt. Mir ist bewusst, dass es "Natur" als Konstrukt nur gibt, solange wir uns als getrennt von ihr erleben. Und genau um das geht es mir ja auf diesem Blog. In dem Sinne lässt sich natürlich auch kritisch hinterfragen, was ich denn genau meine, wenn ich von "echter Natur" spreche. Ich denke, es hat viel damit zu tun, wie ich mich selber und das, was mich mit meiner Umgebung verbindet, spüren kann. Und es hat für mich auch mit einer Demut zu tun gegenüber allem, was lebendig ist. Oder wie Bayo Akomolafe es kürzlich in der Sternstunde Philosophie gesagt hat: „Touch the world and be touched in return“.

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Avatar von Manuel Lehmann

Ich vermute, dass dies, was Du hier als Lösung (Alternative zum Konsum) bezeichnest, nur für den kleineren Teil der Menschen passen würde. Menschen sind in ihren Bedürfnissen sehr unterschiedlich. Ausserdem würde es weder die Natur noch Du selber zu schätzen wissen, wenn plötzlich alle ins Änziloch hinuntersteigen wollen. Ich denke, dass wir nicht darum herum kommen, unseren Konsum nachhaltiger zu gestalten. Da es aber durchaus ein Bedürfnis nach Naturerlebnissen gibt, liessen sich die Städte und die Landwirtschaft nachhaltiger und grüner gestalten. Den meisten reicht der Park. Also braucht es mehr Naturflächen und weniger Strassen in der Stadt. Und es braucht eine Landwirtschaft, die Biodiversität fördert und regenerativ ist.

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Avatar von Daniel Sigrist

Wenn ich deine Zeilen lese, fühle ich mich nicht ganz richtig verstanden. Naturerfahrung sehe ich nicht als Alternative zum Konsum, sondern als möglicher Weg, unsere Naturverbundenheit wieder zu stärken. Und das ist aus meiner Sicht unumgänglich, weil wir die Natur ansonsten immer mehr kaputt machen. Auch oder gerade mit unserem Konsumverhalten. Weil wir die Natur nicht mehr kennen, schätzen wir sie nicht mehr. Ich glaube daher nicht, dass es einen „nachhaltigen“ Konsum gibt, sondern das Stichwort sollte vielmehr „regenerativ“ sein - was du bezüglich der Landwirtschaft ja auch erwähnst. Natürlich hast du recht, dass nicht alle Menschen im Änziloch Platz haben, aber das war ja auch gar nicht mein Vorschlag. Ich habe hier einfach eine sehr tolle Naturerfahrung gemacht und die Frage ist aus meiner Sicht: Wo kannst du für dich tolle Naturerfahrungen machen? Gerade im Wissen darum, dass die Bedürfnisse der Menschen verschieden sind. Ob auf längere Sicht gepflegte Stadtparks unsere Naturverbundenheit stärken, wage ich zu bezweifeln. Denn echte Natur sieht nicht so aus. Einen Garten zu pflegen, sei es auch nur in ein paar Töpfen auf dem Balkon, sehe ich daher als bessere Variante an, um in der Stadt die Lebendigkeit der Natur zu erfahren. Ich bin aber ganz klar auch dafür, dass die Städte grüner werden. Weniger versiegelte Flächen, mehr Biodiversität, mehr Wildblumen. Wenn dann auch die Grünflächen in der Stadt wilder werden, dann bin ich wieder bei dir.

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Avatar von Dominic

Tolle Gedanken mein Freund! Fühl ich zu 100% !

LG Dominic

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Avatar von Daniel Sigrist

Merci Dominic! Ich stelle mir vor, dass du diesen letzten Wasserfall noch hochgeklettert wärst, dann die Kleider am Feuer getrocknet und noch drei Tage dort übernachtet hättest. 😜

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Avatar von Dominic

Da hast du vollkommen recht. Sehr wahrscheinlich hätte ich mich aber nackt ausgezogen, um danach die Kleider nicht trocknen zu müssen 😂

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