Weshalb ist das Geldsystem so wie es ist und nicht anders?
Mit „Fragen zur Welt“ starte ich eine neue Rubrik in diesem Blog.
Als ich diesen Blog im Februar gestartet habe, dachte ich, dass ich vielleicht so alle ein bis zwei Wochen einen neuen Text veröffentlichen könnte. Nun merke ich, dass das je nach dem, was sonst noch alles so los ist, ziemlich ambitioniert ist. Grundsätzlich habe ich viele Notizen und Textideen, die ich nur noch fertig auszuformulieren bräuchte. Aber ich merke, dass ich dazu jeweils einen Impuls brauche, eine Anregung „aus der Welt“, die in mir die Energie auslöst, diesen oder jenen Text fertig zu stellen.
Einen solchen Impuls habe ich die letzten Tage gespürt und zwar durch die Geschichte des Niedergangs der Credit Suisse. Wie kann es sein, dass eine Grossbank so plötzlich weg ist? War sie vielleicht gar nie so „gross“? In meinen Notizen habe ich eine Liste, wo ich mir hin und wieder solche und ähnliche Fragen stelle. Meist beim Lesen der Zeitung oder Verfolgen der Nachrichten, also ausgelöst durch das, was in der Welt so vor sich geht - oder besser gesagt durch das, was die Medien berichten. Angefangen habe ich mit dem Aufschreiben von Fragen während der Corona-Zeit. Bei mir ist der Eindruck entstanden, dass sich in der Art und Weise, wie wir als Gesellschaft auf die Geschehnisse rund um den Corona-Virus reagieren, einiges darüber offenbart, was unsere Gesellschaft leitet. Welche Werte uns im Kollektiv wichtig scheinen. Und welche Grundannahmen und Glaubenssätze. Daraus ist eine umfassende Liste unter dem Titel „Fragen in Zeiten des Corona-Virus“ entstanden.
Ich habe mich jedoch bis jetzt noch nicht getraut, diese Liste zu veröffentlichen, da ich Angst habe, dass meine Fragen falsch verstanden werden oder dass ich durch das Stellen dieser Fragen in irgendeine komische Schublade gesteckt werde. Mit ein wenig Distanz zu dieser intensiven Zeit werde ich diese Fragen vielleicht einmal noch hervor nehmen. Aber nicht heute. Heute möchte ich eine andere Liste öffnen. Irgendwann ist nämlich aus „Fragen in Zeiten des Corona-Virus“ eine andere, noch grundsätzlichere Liste hervorgegangen: „Fragen zur Welt“.
Nachdem ich in den ersten Texten auf diesem Blog begonnen habe, meine philosophischen Überzeugungen hinsichtlich „Teil der Natur“ zu erläutern und damit eine Basis für mein Schreiben zu legen, möchte ich nun sporadisch auch Fragen veröffentlichen, die mich beschäftigen. Auslöser für mich ist dabei die Grundsatzfrage, was uns als Gesellschaft leitet, das eine zu tun und nicht das andere.
„Welche Macht spaltet uns in die, die wir sein müssen und in die, die wir sein möchten und nicht sein dürfen, ausser nachts im Traum?“
(Aus „Die Wachsflügelfrau“ von Eveline Hasler)
Was wirkt denn da eigentlich im Hintergrund? Welche Grundannahmen und Glaubenssätze leiten uns an? Was ist unsere Kultur? Und welches Narrativ schreiben wir da gemeinsam weiter?
Persönlich glaube ich, dass vieles mit dem Narrativ der Trennung zu tun hat, über welches ich im ersten Blogpost bereits geschrieben habe. Was könnte entstehen, wenn wir beginnen, stattdessen ein Narrativ der Verbundenheit zu leben?
Meine Idee ist, meine gesammelten „Fragen zur Welt“ thematisch zu gliedern und hier jeweils ein paar Fragen auf einmal zu stellen. Manche Fragen sind schon ein wenig älter, ich veröffentliche sie in chronologischer Reihenfolge, aber ohne Datumsangabe. Das Ende der Credit Suisse hat bei mir nun den Impuls ausgelöst, mit dem Thema Geld oder Geldsystem zu starten. Ich veröffentliche bewusst lediglich meine Fragen, ohne dass ich versuche diese zu beantworten. Damit will ich meine Haltung zum Ausdruck bringen, dass ich nicht glaube, dass ich zwingend die richtigen Antworten habe. Aber vielleicht kann es ja auch ein Beitrag sein, eine Frage neu oder anders zu stellen? Urteile selbst. Was geht dir durch den Kopf, wenn du die folgenden Fragen liest? Ich freue mich über deine Rückmeldung!

Fragen zur Welt - Thema Geld
Weshalb sollen eigentlich grosse Verluste staatlich gedeckt werden, während grosse Gewinne immer privatisiert sind?
Was hat das eigentlich zu bedeuten, dass wir nun mehrere Jahre Negativzinsen hatten und diese auch an Private weitergegeben wurden? Heisst das nicht, dass es zu viel Geld gibt? Auf andere Bereiche übertragen: Hat es schon jemals irgendwo sonst einen Negativpreis gegeben?
Was sagt dies über unser Geldsystem aus, wenn nun immer mehr in „digitales Land“ auf Plattformen wie The Sandbox oder Decentraland investiert wird? Wie weit entrückt vom Konkreten, vom Realen, vom Lebendigen kann Geld noch werden? Oder war Geld vielleicht gar nie mit alldem verbunden und spiegelt sich erst jetzt in der völligen Virtualität seine wahre, künstliche Natur?
Weshalb weiss ich eigentlich von niemandem aus meiner Familie oder von meinen Freunden, wie viel Geld sie haben und wie viel sie verdienen? Unsere Gesellschaft ist so fundamental auf Privatbesitz aufgebaut, weshalb ist dieser dennoch so intransparent?
Wieso heisst es eigentlich „Sharing Economy“? Können wir nicht auch einfach Dinge teilen, ohne dass dies ökonomisch sein muss?
Weshalb lernt man im Wirtschaftsstudium nichts über Menschen, aber ganz viel über Zahlen, wenn doch die Wirtschaft ohne Menschen gar nicht existieren kann?
Weshalb fordern linke Parteien immer wieder mehr Markt-Regulierung, aber es wird nie darüber gesprochen zu regulieren, wie viel Geld und Besitz Grossverdiener und Grosskonzerne anhäufen dürfen?
Weshalb wird als Alternative zum Kapitalismus immer noch vom Kommunismus gesprochen resp. darüber, dass der ja nicht funktioniert hat? Haben wir keine neuen Ideen?
Weshalb wird eigentlich immer für alles die Kosten resp. dessen Preis berechnet? Wie viel Sinn macht es, den Wert von Familienarbeit in einem Geldbetrag auszudrücken? Wie viel Sinn macht es, den Wert von Biodiversität in einem Geldbetrag auszudrücken? Diese Aspekte sind ja alle viel Älter als Geld und funktionieren eigentlich sehr gut ohne Geld, ja vielleicht werden sie sogar erst durch das Geld in ihrer natürlichen Form bedroht. Soll dadurch das System oder die Menschen, die nur ökonomisch denken, von etwas überzeugt werden, das eigentlich nicht ökonomisch funktioniert? Würde es nicht mehr Sinn machen, hier eben genau nicht ökonomisch zu argumentieren?
Wie kommt es eigentlich, dass in den letzten Jahren gleich zwei „Steve Jobs“ als grosse Betrüger entlarvt wurden (Elizabeth Holmes „weiblicher Steve Jobs“ mit Theranos und Markus Braun „Steve Jobs der Alpen“ mit Wirecard)? Verblendet unter Umständen die Suche nach dem „neuen Steve Jobs“ die Wahrnehmung der Investoren und der Öffentlichkeit?
Müssen eigentlich immer noch mehr Leistungen, die früher in den familiären und dörflichen Strukturen übernommen wurden (Kinderbetreuung, Altenpflege, Nachbarschaftshilfe etc.), professionalisiert und ökonomisiert werden, weil wir Menschen immer noch mehr Lebenszeit der Wirtschaft geben sollen?
Wenn Länder wie Sri Lanka und Pakistan bankrott gehen, sind das dann erste Anzeichen dafür, dass unser Finanzsystem langsam aber sicher an seine Grenzen stösst (Pakistan ist einwohnermässig immerhin das fünftgrösste Land der Welt und Atommacht)? Und wenn das System kollabieren würde, wären dann eher Länder wie Deutschland, USA oder Norwegen die ersten Opfer, oder eben Länder wie Sri Lanka und Pakistan?
Weshalb kann eine „Grossbank“ so plötzlich weg sein? War die CS vielleicht gar nicht so “gross”?